Die deutsche Pflegelandschaft wird nun schon seit einigen Jahren konstant von einer ganz bestimmten Debatte durchzogen: Braucht Deutschland Pflegekammern? Ist es überhaupt machbar, diese zu etablieren, während es gleichzeitig bereits zahlreiche ähnliche Fachbündnisse gibt? Ein lautes JA erreicht uns aus Rheinland-Pfalz. Dort hat der entsprechende Gründungsausschuss seine Arbeit bereits aufgenommen. Im bundesweiten Vergleich ist Rheinland-Pfalz somit wohl am weitesten fortgeschritten, wenn es um die Kammerarbeit in der Pflege geht. Werpflegtwie unterhielt sich mit dem Vorsitzenden dieses Gründungsausschusses: Herr Dr. rer. cur. Markus Mai.
Werpflegtwie: Welche wichtigen Erfahrungen, positiv wie negativ, haben Sie bisher im Zuge der Etablierung der Landespflegekammer gesammelt?
Mai: Das Thema Kammer hat die Pflege mobilisiert. Es ist toll zu sehen, wie viele Kolleginnen und Kollegen aus der Pflege beim Aufbau der Kammer mitarbeiten wollen. Die Motivation ist extrem groß bei vielen. Wir haben jetzt zum ersten Mal die Möglichkeit, unsere Angelegenheiten selbst zu regeln. Diese Chance wollen sich viele nicht entgehen lassen. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch die Kritiker einer Pflegekammer, die nicht glauben wollen, dass die Pflege für sich selbst eintreten kann und auf Augenhöhe mit den anderen Akteuren des Gesundheitswesens die Rahmenbedingungen für uns Pflegende verbessern kann. Vereinzelte Vorwürfe, die unterhalb der Gürtellinie lagen, waren natürlich weniger schön.
Werpflegtwie: Womit befasst sich Ihr Ausschuss dieser Tage konkret?
Mai: Die Aufgaben des Gründungsausschuss sind vielfältiger Natur. Zum einen registrieren wir unsere Mitglieder. Mittlerweile liegen uns über 40.000 Datensätze vor. Über 25.000 Mitglieder haben sich vollständig registriert. Zum anderen sind wir damit befasst, die Wahl zur Vertreterversammlung vorzubereiten und durchzuführen. Ich gehe von bis zu 20 Listenvorschlägen zur Wahl aus, die kandidieren möchten. Zwischen dem 24. Und 27. November werden die Briefwahlunterlagen verschickt. Bis zum 11. Dezember können die ausgefüllten Unterlagen an die Geschäftsstelle zurückgesandt werden. Die erste Vertreterversammlung wird am 25. Und 26. Januar stattfinden. Auch hierfür laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren.
Werpflegtwie: Blicken wir in die Zukunft: Ihre Kammerarbeit ist in vollem Gange. Was würden Sie sich im Rahmen dieser Arbeit besonders wünschen?
Mai: Da wir endlich in die Lage versetzt wurden, die für uns relevanten Fragen selbst zu klären wünsche ich mir, dass unsere Berufsgruppe diese Chance ergreift. Eine gelungene Interessenvertretung und eine starke Selbstverwaltung können nur funktionieren, wenn die Kammermitglieder ihre Expertise einbringen und sich engagieren. Die Wahrung der Interessen und der Rechte der Pflegenden im Land wird durch die Kammer organisiert sein und damit qualitativ hochwertig sein. Die Kammermitglieder erhalten in allen berufsrechtlichen und pflegefachlichen Fragen und Problemen fundierte und professionelle Unterstützung an die Seite gestellt. Schön wäre es, wenn mit den Möglichkeiten der Kammer auch das Selbstbewusstsein der Pflegenden an sich selbst wachsen würde.
Werpflegtwie: Welche drei Tipps würden Sie anderen Ausschüssen hinsichtlich der Errichtung einer Landespflegekammer mit auf den Weg geben?
Mai:
1.) Information spielt die zentrale Rolle; Informierte Pflegekräfte geben ihrer Kammer in der Regel einen Vertrauensvorschuss!
2.) Nutzen Sie die Expertise und die Erfahrung derjenigen, die auf dem Weg schon weiter voran geschritten sind; man braucht ja nicht alle Fehler zweimal zu machen! Setzen Sie beispielsweise moderne Methoden des Projektmanagements ein.
3.) Dranbleiben, Dranbleiben, Dranbleiben
Foto: Dr. rer. cur. Markus Mai (2014)
Werpflegtwie bedankt sich für dieses Interview und die Einblicke in die beginnende Kammerarbeit. Das Interview führte Carolin Makus.
Sie interessieren sich für die Hintergründe des Interviews? Lesen Sie dazu folgende Beiträge im Werpflegtwie-Infoleitfaden:
Pflegekammern in Deutschland
Vereinigungen für professionell Pflegende
Titelfoto: Flickr/ Roland O'Daniel (CC-Lizenz BY-SA 2.0)
Im Interview mit Dr. rer. cur. Markus Mai, Vorsitzender des Gründungsausschusses der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz
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