Die Zukunft der Pflege (Teil 1)

Schauen wir in die nebulöse Glaskugel der Pflegezukunft,  springen uns zunächst wieder die Themen Fachkräftemangel und demografischer Wandel ins Gesicht. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) widmet dem Personalengpass in der Pflegebranche sogar einen eigenen Glossareintrag auf ihrer Homepage im Themen A-Z. Direkt zwischen Pflegeberatung und Pflegefall, liegt ER: der Pflegefachkräftemangel. Demnach stehe der rasanten Zunahme der Pflegebedürftigen ein erhöhter Personalbedarf gegenüber. Logisch, nicht wahr?

 

Zunächst: Ein Blick in die Vergangenheit

Was viele gar nicht wissen, ist, dass die Branche zuvor durchaus einen stolzen Zuwachs verzeichnen konnte. Bevor wir in die Zukunft blicken, daher ein kurzer Blick zurück.„Vor allem durch die Einführung der Pflegeversicherung ist die Altenpflege zum Jobmotor geworden: So hat zwischen 1999 und 2011 die Zahl der bei ambulanten Pflegediensten Beschäftigten um rund 58 Prozent (plus 107.000) und die in Pflegeheimen Beschäftigten um rund 52 Prozent (plus 220.000)  zugenommen.“, schreibt das BMG.  Nun gilt es, diesen Trend nicht nur beizubehalten, sondern exponentiell steigen zu lassen, denn der erhöhte Bedarf an Fachpersonal steht nicht nur vor der Tür, er steht bereits im Flur!  Laut BMG kann in Deutschland im Jahr 2030 mit ca. 3,22 Millionen Pflegebedürftigen gerechnet werden, im Jahr 2050 dann mit etwa 4,23 Millionen. Im Jahr 2012 waren es um die 2,5 Millionen, wovon rund ein Drittel der Pflegebedürftigen vollstationär in Pflegeheimen versorgt wurde und ca. zwei Drittel in der häuslichen Umgebung erhebliche Unterstützung erhielten. Hauptrolle spielten hier nach wie vor Familienangehörige sowie enge Freunde.
 
Die Neuausrichtung der Pflege wird offiziell

Immer lauter werden die Stimmen professionell Pflegender aber auch derer, die derzeitig (ganz nebenher) die häusliche Pflege stemmen und sich mit einer erheblichen Doppelbelastung konfrontiert sehen. Längst schon selbst zum politischen Pflegefall geworden, liegt der Pflegefachkräftemangel daher auf der Intensivstation der Bundesregierung. Hier wird mit viel Lärm an einigen Neukonzeptionen gearbeitet. Im Rahmen der Pflegestärkungsgesetze ändert sich, zumindest formal, so einiges. Mehr Leistungen für (fast) alle! Während Teile der Neuausrichtungen bereits greifen, werden andere Aspekte derzeitig noch geprüft. So können wir zum Beispiel gespannt sein, auf das neue Begutachtungsassessment zur Einstufung der Pflegebedürftigkeit. Ebenso wirft die Umstrukturierung von Pflegestufen zu Pflegegraden ihre Schatten voraus. Wir von werpflegtwie haben uns mit diesen formalen Veränderungen auseinander gesetzt und die Thematik für Sie aufbereitet. Finden können Sie all dies im Leitfaden unserer Homepage, im Speziellen im Rahmen der Unterpunkte „Die Pflegestufen“ sowie „Auf einen Blick: Erstattungen je Pflegestufe und Art der Pflege“. Natürlich informiert Sie diesbezüglich auch das BMG, klicken Sie dazu hier.

 

Moderner Unmut: Laut werden im Netz

Ausdrucksstärker, als der seichte Ruck, der durch die Bankreihen der Politik geht, sind diverse Kampagnen auf Seiten der Pflegekräfte. Noch schwächelt das Projekt der flächendeckenden Pflegekammern etwas. Aber aktive und engagierte Mitarbeiter der Pflegebranche finden ihre Kanäle! Bei Facebook zum Beispiel. Dort herrscht derzeitig viel Trubel in diversen Gruppen der Kampagne „Pflege am Boden“. Der Fokus liegt hier, nebst Erfahrungsaustausch, auf der Organisation von Flashmobs. Aufmerksam gemacht werden soll auf die teils sehr schlechten Rahmenbedingungen in der Pflege. Ebenso wird der Ruf nach einer neuen Pflegekultur laut. Wer uns kennt, weiß, dass wir dies nur befürworten können! Die Facebookseite der Kampagne zählt mittlerweile an die 11.000 Fans. Hier gelangen Sie außerdem zur offiziellen Homepage. Im Allgemeinen wird deutlich, dass soziale Netzwerke eine zunehmende Rolle im Leben von Pflegenden spielen. Insbesondere pflegende Angehörige finden hier niedrigschwellige Unterstützung oder einfach nur ein offenes (digitales) Ohr und Sprachrohr. Genannt sei an dieser Stelle z. B. die englischsprachige Facebook-Gruppe: „Memory People“, eine Gruppe zum gegenseitigen Support  der Angehörigen von Demenzpatienten.

 

Offene Dialoge, statt Grusel-Konstrukte! Pflege gehört in die Mitte der Gesellschaft!

So viel zum Konkreten. Doch auch „zwischen den Zeilen“ hat sich einiges zu ändern bzw. ist bereits im Umbruch. Auf der To Do Liste unserer Zeit steht daher außerdem: Das Alter(n) eines Menschen sowie dessen Pflege sollte unverkrampft in der Mitte der Gesellschaft thematisiert werden können und Pflegeeinrichtungen dürfen die Chance nicht verpassen, sich dem Kiez gegenüber zu öffnen. Hier gibt es bereits einige Fortschritte. Auch muss aufgehört werden (zugegeben) komplizierte Themen, wie Krankheit, Tod und Vergänglichkeit dermaßen zu institutionalisieren und zu isolieren, dass sie zu einem Grusel-Konstrukt werden, wie es nur in Ermangelung gesellschaftlicher Auseinandersetzungen entstehen kann. Dabei muss eine solche Auseinandersetzung über oberflächliche Schlagzeilen und immer gleiche TV-Talks zum Thema Demenz hinaus gehen!  Gemessen an den Beiträgen der letzen Jahren, bedeutet Altwerden vergessen und umfallen. Der Vielseitigkeit jeden Alters, auch der des hohen Alters, sollte Rechnung getragen werden; in diesem Falle in Form abwechslungsreicher und gut recherchierter Medienbeiträge.

 

Für eine neue Pflegekultur!

Es klang bereits an: Nötig wird die Etablierung einer neuen Pflegekultur. Der Wegfall der MDK-Noten im Jahr 2016 schürt diese Forderung noch. Was hier entsteht, ist ein Bewertungs-Vakuum. Längst schon haben die schwammigen Einheitsnoten des MDK ausgedient.  Es wird Zeit für etwas Neues, es wird Zeit für Ihre Erfahrungen! Teilen Sie diese auf werpflegtwie und sorgen Sie damit für einen qualitativen Schritt nach vorn. Anbieter von Pflegeleistungen sollen endlich in einen offenen Dialog mit ihren Abnehmern treten.

„Die Zukunft der Pflege“ birgt außerdem viele weitere Themenfelder, die es zu beackern gilt: Die Technisierung der Pflege, interkulturelle Pflege, Hochaltrigkeit im Heim, Multimorbidität, innovative Wohnformen, Pflege im Ausland, Imagewandel eines Berufes und vieles mehr. Bleiben Sie also dran!

 

Lesen Sie ab 04.09.2015 hier die Fortsetzung:

Die Zukunft der Pflege (Teil 2)

 

Titelfoto: Flickr/ Rosmarie Voegtli (CC-Lizenz BY 2.0)
Text: Carolin Makus

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