Die Pflegereform: Flop oder Tor zu neuen Möglichkeiten?

Erneut steht die Pflegereform im Feuer der Kritik. Dabei geht es vor allem um die gezahlten Leistungen bei Pflegebedürftigkeit. Werden diese zukünftig geringer ausfallen? In einem Interview zwischen Rainer Woratschka (Tagesspiegel) und CDU-Politiker Jens Spahn keimt gar die Frage auf, ob es sich bei der Pflegereform letztlich nur um ein verdecktes Sparmanöver handele? Spahn bemüht für die Begründung der teils geringeren Leistungen den großen Solidaritätsgedanken: „Es geht im Kern darum, Menschen, die besonders viel Unterstützung brauchen, besser zu helfen. Die Demenz etwa war bei Einführung der Pflegeversicherung gar nicht auf dem Schirm, inzwischen leiden eine Million Menschen in Deutschland an dieser Geißel. Wenn es mehr Unterstützung geben soll für die schweren Pflegefälle, gibt es für andere [künftige Pflegebedürftige] möglicherweise etwas weniger.“ Nebst hoffnungsbeladenem neuem Pflegebedürftigkeitsbegriff geht es in dem Interview auch um die Hinfälligkeit der MDK-Pflegenoten. Spahn bezieht auch hierzu Stellung: „Wir sind von der falschen Annahme ausgegangen, dass sich die Qualität einer Pflegeeinrichtung auf eine Note reduzieren lässt. Da waren wir einfach zu optimistisch. Einen derartigen Kontrollaufwand zu betreiben, damit am Ende alle die Note Eins haben, ist Blödsinn. Das hilft niemandem – wir sollten schnellstens weg davon.“ Er hält außerdem fest, dass den Betroffenen selbst mehr Verantwortung bei der Recherche zum Thema Pflegequalität zukommen wird. Eine transparente Aufschlüsselung der Pflegenoten (auch online) stellt hierbei einen der Grundpfeiler dar. Weg also vom beschönigendem Notensystem, hier ist man sich sicher.

Doch was tritt an seine Stelle?

Es gibt bereits verschiedene Ansätze, bei denen sich in Zukunft zeigen wird, welche nebeneinander bestehend Sinn machen. Zum Beispiel arbeitet Dr. Klaus Wingenfeld mit seiner Initiative EQisA an einer neuen Methode, die die Ergebnisqualität (bei den MDK-Prüfungen außen vor gelassen) in stationären Einrichtungen messen und vergleichbar machen soll. Die Fachwelt und Verbraucherschützer sind sich außerdem einig, dass es, wie in allen anderen Branchen, ein modernes Online-Bewertungsportal geben muss. Bernadette Höller, Gerontologin und Gründerin des Bewertungsportals werpflegtwie möchte nicht nur die Suche nach dem passenden Pflegeanbieter modernisieren sondern auch eine neue Pflegekultur anregen: „Öffentliche Kommunikation führt zu einem anderen Umgang mit Fehlern – modern und transparent. Keiner erwartet, dass unter diesen Rahmenbedingungen überall alles top ist. Es geht den Leuten viel mehr um die Art des Umgangs.“ Auch die BIVA widmet  ihre diesjährige Fachtagung dem Thema „Was kommt nach den Pflegenoten?“. Am 01. Juli diskutieren in Frankfurt unter dieser Überschrift Experten aus verschiedenen Bereichen darüber, was dem Verbraucher wirklich weiterhilft.

In jedem Falle müssen sich die Träger und Pflege-Anbieter darauf einstellen, dass sich die Angehörigen (meist selbst 50+) und teilweise sogar schon die Menschen mit Pflegebedarf selbst immer immer mehr selbstvertändlich im Internet bewegen - sei es um zu kommunizieren oder um sich zu informieren. Lesen Sie hierzu auch unseren Artikel "Wer will morgen noch Chef sein?"

Foto: Flickr/ eplus gruppe (CC-Lizenz BY 2.0)

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