Der letzte Schrei: Das Pflegestärkungsgesetz II

Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) soll in einem neuen Verfahren (77 statt bisher 30 einzelne Kriterien) genauer als bisher herausfinden, was ein Mensch noch selbst kann und was nicht. Dabei soll die Betonung auf dem liegen, was er kann. Guter Ansatz. Auch gut: Demenzkranke werden besser gestellt.

Die Umbenennung der Pflegestufen in Pflegegrade, macht dazu passend ebenfalls Sinn. Im Fokus steht der Grad der Selbständigkeit, gemessen in 6 Bereichen:

1. Mobilität

2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten

3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen

4. Selbstversorgung

5. Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen

6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

Geldbeträge die in Zukunft je Pflegegrad erstattet werden:

  PG1 PG2 PG3 PG4 PG5
Geldleistung ambulant 125* 316 545 728 901
Sachleistung ambulant   689 1298 1612 1995
Leistung stationär 125 770 1262 1775 2005

„Was lange währt, wird endlich gut!“ Hieß es wohl für kaum einen gestern - stattdessen häuften sich die neutralen Darstellungen, was für wen besser wird und was für wen schlechter (in finanzieller Hinsicht). Ja, 28 % aller zukünftigen Heimbewohner, werden im Vergleich zum alten System schlechter gestellt, 35% könnten von mehr Leistungen profitieren. Hält sich also die Waage und ist somit und aber auch sowieso nicht der Punkt, der diskutiert werden muss.

Das Entscheidende, an das sich auch dieses neue System nicht heranwagt und warum es von Experten als „Mogelpackung“* und als dasselbe, nur anderes etikettiert** bezeichnet wird, ist, dass die aktivierende Pflege weiterhin nicht gefördert wird. Das bedeutet, es lohnt sich für einen Pflegeanbieter nicht, eine Person mit Hilfebedarf so gut zu versorgen, dass sie wieder selbständiger wird und eigentlich einen Pflegegrad weniger bräuchte. Denn dann bekäme er weniger Geld in Zukunft. Verrückt, ist aber so. 

Noch offen: Die Anpassung der Pflegeschlüssel - davon hängt ja aber ab, ob mit einer erhöhten Qualität zu rechnen ist. 

Wir sagen: Die eine Hälfte der Philosophie geht in die richtige Richtung, die andere Hälfte der Philosophie wurde weggelassen. Denn wenn man sagt, der Schwerpunkt liegt auf „Was-jemand-kann“, dann muss man das „Was-können“, also die Selbständigkeit, auch fördern.

Was wir nicht hoffen: Dass das Ganze veranstaltet wurde, um die Sozialhilfeträger zu entlasten - siehe: Teilweise steigende Eigenanteile durch das Pflegestärkungsgesetz II.

Was gut ist: Unabhängig von Stufen, Graden und Geld, können Pflegeanbieter weiterhin ohne viel Aufwand die Kundenzufriedenheit, Angehörigenzufiedenheit und Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen, indem sie nach deren Meinung fragen und sich auf werpflegtwie den Bewertungen stellen.

Für eine neue Pflegekultur!

 

Alle Informationen zum Pflegestärkungsgesetz II gibt es hier:

Bundesministerium für Gesundheit

Eine Zusammenfassung der Süddeutschen zum Nachlesen:

Wem das neue Pflegegesetz wirklich hilft - und wem nicht

Und hier die Kritik vom Pflege-Selbsthilfeverband e.V.:

Bundeskabinett beschließt eine Pflegereform die an den eigentlichen Problemen meilenweit vorbeizielt

Hier finden Sie mehr Informationen:

Von den Pflegestufen zu den Pflegegraden

Die Zukunft der Pflege (Teil 1)

Titelfoto: Flickr/The Magic Tuba Pixie (CC-Lizenz BY 2.0)
Text: Bernadette Höller

 

 

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