Qualitätsmanagement setzt beim Mitarbeiter an

Eine Herkules-Aufgabe liegt hinter dem Führungsteam der Kleeblatt Pflegeheime gGmbH, das mit externer Unterstützung im April 2016 alle seine 1050 Mitarbeiter in 28 Einrichtungen und in der zentralen Verwaltung im Kreis Ludwigsburg befragt hat. Das Ziel: Wissen, wo die Beschäftigten der Schuh drückt und um zu erfahren, was ihnen wichtig ist.  

Zufriedenheit bringt uns weiter

„Wir haben 2016 einen Veränderungsprozess angestoßen, den wir nicht mehr anhalten werden“, sagt Sandra Knapp. Federführend hatte die Qualitätsbeauftragte die Befragung vom 25. April bis 13. Mai 2016 organisiert. Maßgeblich unterstützt wurde sie dabei vom Institut für Qualitätskennzeichnung von sozialen Dienstleistungen (IQD), das die 28 Kleeblatt-Einrichtungen seit 20 Jahren zertifiziert.
Für den Katalog waren die 20 Fragen der Ausgangspunkt, die IQD immer im Rahmen der Re-Zertifizierung allen Mitarbeitern eines Hauses stellt. Nun wurden sie um 16 Fragen erweitert, die auch Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter und Bereich (Pflege und Sozialdienst, Hauswirtschaft, Verwaltung) umfassen.
Nachdem die Doppelspitze der Geschäftsführung im April 2015 neu besetzt worden war, hatte das Duo den Impuls, einen Gesamtstatus über die Mitarbeiterzufriedenheit und Entwicklungspotentiale in allen Bereichen bekommen zu wollen. „So können wir uns untereinander messen und voneinander lernen“  sagt Geschäftsführerin Andrea Nisi-Binder. 

Betriebliche Gesundheitsförderung 

Denn trotz aller Kommunikations- und Führungsinstrumente, die bereits vorhanden waren, wollten die Verantwortlichen die Bedürfnisse und Erwartungen von Mitarbeitern und Führung möglichst messbar abgleichen. Hinzu kam, die Häuser untereinander zu einem Stichtag vergleichbar zu machen und  ihre Spezifika, etwa die Altersstruktur ihrer Mitarbeiter oder Zufriedenheit am Arbeitsplatz, zu erfassen.
Um die komplexe Erwartung in einem Fragebogen, der einfach handhabbar und leicht  verständlich ist, möglichst präzise abzubilden, war die externe Beratung durch  IQD mit dessen langjährigen Erfahrungen hilfreich.
IQD-Vize-Geschäftsführer Gregor Vogelmann: „Im Rahmen der Zertifizierungen, die wir bundesweit seit mehr als 20 Jahren vornehmen, haben wir rund 1800 Befragungen ausgewertet und mit den Einrichtungen besprochen.“  Diese Expertise floss in die Entwicklung des Kleeblatt-Fragebogens ein, insbesondere hinsichtlich der Befragungssystematik. So besteht der Fragebogen aus vier Seiten, die die Themengebiete „Aufgabenbereich und Personalentwicklung“, „Betriebliche Gesundheitsförderung“, „Das Unternehmen Kleeblatt“ als Marke und „Zusammenarbeit“ aller Bereiche mit je sieben bis zwölf Fragen ausleuchtet. Wo es Verständnisfragen beim Ausfüllen gab, konnten konkrete Ansprechpartner in jedem Haus um Klärung gebeten werden, um so möglichst jede Fehlerquelle in den Aussagen auszuschließen.

Meinungsverschiedenheiten sind Willkommen

Die Auswertung der Fragebögen erfolgte durch IQD. Für jede der 28 Einrichtungen und der zentralen Verwaltung wurde eine Einzelauswertung erstellt sowie eine Gesamtauswertung, mit der ein Benchmark möglich war. Zwei Freitextfelder für Lob und Kritik dienten als Plausibilitätscheck für die zuvor gegebenen Antworten und als wertvolles Stimmungsbild. Um trotz der Handschriften die Anonymität zu wahren, gingen die Bögen nur an IQD, das die Texte erfasste.
Um ein repräsentatives Ergebnis zu erhalten, wurde der Fragebogen auch an abwesende Mitarbeiter und Azubis geschickt. „Die Rücklaufquote von 70 Prozent hat uns darin bestätigt, dass die Mitarbeiter die Befragung sehr ernst nahmen“, sagt Nisi-Binder, die auf 60 Prozent Rücklauf gehofft hatte. Pfiffig an der Umfrage war, dass nicht nur im Ankreuzverfahren Einschätzungen abgefragt wurden wie „Die Aufgaben sind sinnvoll im Team verteilt“, sondern auch, ob einem der jeweilige Aspekt wichtig ist oder nicht.
Durch diese Rückmeldungen kann man  sehen, wo die Mitarbeiter Schwerpunkte  setzen. Aber auch zwischen einzelnen Häusern vergleichen, wo die jeweiligen Handlungsfelder aus Sicht der Mitarbeiter liegen. Wo mehr als 15 Prozent Differenz  zwischen der Zufriedenheit mit einem Thema und dessen Wichtigkeit waren, visualisiert eine selbst erstellte Matrix nun den Handlungsbedarf.
Besonders deutlich wird dieser beim Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Hier kreuzten 58,3 Prozent der Befragten bei „Ich fühle mich nach der Arbeit selten erschöpft“ an, dies treffe voll zu. Und 94,3 Prozent halten das Thema für wichtig. Noch größer ist das Verbesserungspotenzial bei den „betrieblichen Angeboten zur Erhaltung und Förderung meiner Gesundheit“ mit 40,3 Prozent und dessen Dringlichkeit mit 86,9 Prozent.

Wertschätzung der Mitarbeiter

„Es wäre fatal, aus einer solchen Befragung die falschen Schlüsse zu ziehen“, sagt Sandra Knapp, die bereits im September in jedem Haus mit IQD-Mitarbeitern die Ergebnisse in von den Beratern entwickelten gut verständlichen Diagrammen in etwa  einstündigen Versammlungen präsentierte. So wurde ein Großteil der Befragten erreicht, erste Rückfragen beantwortet und Reaktionen aufgenommen.
„Jetzt geht es darum, achtsam und präzise mit den Ergebnissen zu arbeiten, damit die Mitarbeiter die Wertschätzung spüren, die wir für sie empfinden“, sagt die Qualitätsbeauftragte. Seit Dezember erarbeiten Fachbereichs-, Regionalleitungen und Referenten  in allen Häusern spezifische Verbesserungsmaßnahmen im Dialog mit allen Beteiligten. Parallel tauschen die Führungskräfte der Häuser, koordiniert vom Lenkungskreis, die Erfahrungen aus.
IQD-Experte Vogelmann: „Über die weiter  stattfindenden Zertifizierungen der Kleeblatt-Häuser  bleiben wir Teil des Prozesses.“ Und für Sandra Knapp ist eine gute Kommunikation zentral, damit die Mitarbeiter wissen, was passiert und dass ernst genommen wird, was sie geäußert haben. Die Generalbefragung soll deshalb alle drei Jahre wiederholt werden. In 22 Häusern sind individuelle Potentiale definiert, an denen gearbeitet werden muss.
Das Spannende: Teils haben diese Einrichtungen Top-Werte von den Bewohnern oder in der Betriebswirtschaft und die Mitarbeiter haben eine hohe Arbeitsplatzzufriedenheit – sind aber nach Feierabend häufig erschöpft. Angesichts solcher Sachverhalte wird nun geschaut, ob man den Selbstanspruch der Mitarbeiter überprüft, mehr Pausen einrichtet oder Yoga, Fitness oder Mentaltraining anbietet.
Einig sind sich die Verantwortlichen, dass es keine einheitlichen Rezepte gibt. Denn schon bei der Fitness geht der eine lieber joggen und die andere zum Schwimmen. Sichtbar wurden durch die Befragung auch Führungsthemen, wo Strukturen oder Rollen geschärft und überdacht werden müssen. „Coaching ist für manchen auch eine Möglichkeit, um ganzheitlicher führen zu können“, sagt Geschäftsführerin Nisi-Binder, die den Veränderungsprozess nicht auf Kategorien wie richtig oder falsch sowie gut oder schlecht reduzieren will. 

Passgenaue Lösung suchen

Ein gutes Stimmungsbild gaben die 626 Rückmeldungen in den Freitextflächen, die  von IQD abgeschrieben wurden und  36 DIN A 4-Seiten ergaben. Gelobt wurden etwa die kleinen Einheiten mit im Schnitt 30 Bewohnern, das gute Team, das Kleeblatt-Konzept oder die ansprechende Architektur der Gebäude im ländlichen Raum. Kritisiert wurden die Dienstpläne, dass man häufig einspringen muss oder Ideen nicht „nach oben“ weitergegeben werden. Knapp: „Da spiegelt sich die Kehrseite kleiner Teams und dezentraler Strukturen, auf die wir nun passgenaue Lösungen suchen.“
Die Verantwortlichen hoffen nun, dass die Mitarbeiter in ihrem Bekanntenkreis positiv über diese Befragungskultur des Gehört-werdens sprechen, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein. Mittelfristig könne sich auch der Krankenstand senken und die Fluktuation, die schon jetzt sehr gering sei. Aber wie formuliert es die QM-Beauftragte: „Besser werden können wir immer.“
www.kleeblatt-ggmbh.de
www.iqd.de    

Info-Box:
Eine Mitarbeiterbefragung macht IQD für alle interessierten Einrichtungen. Spezifisch für deren Erkenntnisinteresse können Fragen auch geändert oder neu formuliert werden. Infos bei gregor.vogelmann@iqd.de.   

Text: Ronja Gysin
Foto: Kleeblatt Pflegeheime gGmbH

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