Auf zu neuen Ufern und zum Königin Paulinestift
Ein Ausflug an den Bodensee
Der April lässt uns in Berlin schwitzen und daher kommt uns eine Fahrt an die Uferpromenade des Bodensee ganz gelegen. In der schönen Nachbarschaft von Friedrichshafen liegt das Königin Paulinenstift der Evangelischen Heimstiftung. Empfangen werden wir vom Hausdirektor Christian Muth und einer netten Bewohnerrunde.Maritimes Flair in Friedrichshafen
Gespräch im Garten
Wir besuchen nicht nur eine liebevoll gestaltete Einrichtung mit einer weitläufigen Gartenanlage, sondern können uns ganz besonders freuen, dass sich Herr Muth viel Zeit für unsere Fragen nimmt.Königlicher Garten
Herr Muth im werpflegtwie Interview
Wollten Sie schon immer ein Altersheim leiten?
Herr Muth: In der Vergangenheit habe ich die Meinung vertreten, dass die Herausforderungen der sich eine Hausdirektion stellen muss, unlösbar sind. Sich zwischen Bewohner, Mitarbeiter und Kostenträger zu bewegen und allen Bedürfnissen Rechnung zu tragen ist eine höchst anspruchsvolle Tätigkeit. Heute kann ich sagen, dass ich mich der Aufgabe stellen möchte und mich bemühen werde im Rahmen dieses Spannungsfeldes ein Zuhause für Menschen zu schaffen und Mitarbeitern einen guten Arbeitsplatz zu bieten.Was macht Ihre Position aus? Was ist Ihre wichtigste Tätigkeit?
Herr Muth: Sie bietet die Chance mit ganz unterschiedlichen Menschen in Beziehung zu treten und spannende Biographien kennenlernen zu dürfen.Was macht Ihnen in Ihrer Position als Einrichtungsleitung am meisten Freude?
Herr Muth: Eben dieses, der Kontakt zu Menschen und der Austausch. Es macht Freude so vielfältige Persönlichkeiten kennenlernen zu dürfen.Was ist das Besondere an Ihrer Einrichtung?
Herr Muth: Das Königin Paulinenstift ist ein Haus der Tradition. Seine über 150- jährige Geschichte wirkt bis heute und prägt unsere Überzeugungen und unsere Haltung. Das Haus entwickelte sich von einer Bildungsstätte für höhere Töchter zu einem Zuhause für pflegebedürftige Menschen. Christliche Nächstenliebe und Persönlichkeitsentwicklung sind Merkmale unserer Wurzeln. Wir stehen für sehr gute Pflege und bieten gute Arbeitsplätze für unsere Mitarbeiter.Was ist hier Ihr Lieblingsort?
Herr Muth: Wenn ich einen Lieblingsort nennen muss, so ist es wohl am ehesten unser Garten. Er erinnert mich an meine frühen Arbeitsjahre hier im Königin Paulinenstift im Jahr 2002 und macht mir immer wieder bewusst, welche Entwicklung das Haus bereits durchlebt hat. Ferner ist es ein Ort der Ruhe und der Begegnung. Ein Ort, den unsere Bewohner gerne aufsuchen und Zeit mit ihren Angehörigen verbringen. Unsere Mitarbeiter nehmen hier ihre Pause in Anspruch so dass dieser Ort ganz viele positive Begegnungen anbahnt.Was haben Sie mit Ihrer Einrichtung noch vor?
Herr Muth: Ich wünsche mir, dass das Königin Paulinenstift Heimat für alle Menschen ist, die diesen Ort aufsuchen. Egal ob sie hier leben, hier arbeiten oder ihre Nächsten besuchen. Gemeinschaftssinn, Freundschaft und Unterstützung, Menschlichkeit sollen hier erlebbar sein.Altenpflegeeinrichtungen haben keinen guten Ruf. Sowohl was die Arbeitsplatzattraktivität, den Professionalisierungsgrad der Unternehmen als auch die Lebensqualität für die Bewohner angeht. Wie versuchen Sie als Institution den vielfältigen Bedürfnissen der Bewohner und ihrer Angehörigen gerecht zu werden
Herr Muth: Unser Wohn- und Pflegekonzept bietet ganz unterschiedliche Lebens- und Unterstützungsmöglichkeiten so dass wir den unterschiedlichen Bedarfen unserer Bewohner und deren Angehörigen Rechnung tragen können. Beispielsweise bieten wir ganz unterschiedliche Zimmerkategorien an, um den Wünschen jedes Einzelnen gerecht zu werden. Wir bieten Einzelzimmer, die ein hohes Maß an Selbstständigkeit ermöglichen und sich individuell gestalten lassen. Wir bieten aber auch Doppelzimmer für Ehepaare oder Menschen, die gerne in Gesellschaft leben, an. Speisen kann man bei uns im Speisesaal einnehmen oder im beschützten Rahmen der Wohngruppe. Wir bieten ein saisonales, vielfältiges Speisenangebot, das frisch vor Ort zubereitet wird. Es gibt täglich zwei Wahlmenüs um auch hier individuellen Wünschen gerecht zu werden. Unser Betreuungsangebot ist vielfältig und bietet vom Männerstammtisch über das Gymnastiktraining und monatlichen Konzertangeboten ein breites Spektrum. Im Rahmen der Alltagsbegleitung haben unsere Bewohner die Möglichkeit, an täglichen Verrichtungen zu partizipieren, falls dies gewünscht ist. Diese Beteiligung ist sinnstiftend und wirkt identitätsfördernd. Für Menschen mit gerontpsychiatrischer Grunderkrankung bieten wir gesonderte Lebensbereiche. Die milieutherapeutische Ausstattung und der konzeptionelle Pflegerahmen bieten einen besonderen Schonraum.Wohnen mit Wohlfühlfaktor
Der Fachkraftmangel in der Pflege stellt jede Einrichtung vor Herausforderungen. Für Einrichtungen wird es immer schwieriger Pflegekräfte einen Arbeitsplatz zu ermöglichen, in dem sie ihren Beruf ihren professionellen Ansprüchen entsprechend tätig sein können. Was machen Sie, damit Ihre Mitarbeiter das tun können?
Herr Muth: Das Königin Paulinenstift hat einen exzellenten Pflegeschlüssel, das Verhältnis zwischen Mitarbeiter und Bewohner kann nicht besser sein. Unsere Mitarbeiter haben Zeit sich um die Pflege und die Bedürfnisse der Bewohner kümmern zu können. Dies schafft Zufriedenheit und fördert das Sinnerleben bei der Arbeit. Denn unsere Mitarbeiter haben die nötige Zeit, Menschen gut zu versorgen. Aus dem Grund verbringen nicht wenige Mitarbeiter fast ihre gesamte Erwerbsbiografie in unserer Einrichtung.Daneben legen wir Wert auf gut ausgebildete Fachkräfte und fördern die Weiterbildung unserer Kollegen. Wir schaffen damit Qualität, die sich merklich auf die Zufriedenheit unser Mitarbeiter und Bewohner auswirkt. Mit speziellen Personalentwicklungsprogrammen (CAREer und Traineeprogramm) schaffen wir Karrieremöglichkeiten für junge Professionals. Als Haus der Evangelischen Heimstiftung GmbH gehören wir einem der größten Altenhilfeträger in Deutschland an, der sich in pflegepolitischen Fragen engagiert und beispielshaft für die Belange von Pflegekräften und Bewohner kämpft.
Wie organisieren/unterstützen Sie die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Berufsgruppen in Ihrem Haus – Pflegekräften, Sozialer Dienst, Betreuungs-kräfte - sowie Angehörigen und Ehrenamtlichen?
Herr Muth: Wir legen großen Wert auf eine transparente Besprechungskultur. Neben morgendlichen Frühbesprechungen, an denen alle Bereiche teilnehmen, pflegen wir Teambesprechungen und monatliche Hauskonferenzen. Wir informieren die Mitarbeiter über eine Monatsinfo und die Informationsorgane unseres Trägers.In welchen weiteren Bereichen möchten Sie mit Ihrer Einrichtung ein „Best Prac-tice Beispiel“ sein?
Herr Muth: Wir haben einen hervorragenden Ruf im Bereich Pflege von Menschen mit Demenz. Unser Betreuungskonzept und unsere milieutherapeutische Gestaltung fördern eine gute Pflege von Betroffenen. Daneben haben wir zahlreiche Kollegen, die im Bereich der palliativen Pflege gut ausgebildet sind. Wir haben gute Kontakte zum ortsansässigen ambulanten Hospizdienst und organisieren so die Pflege in den letzten Phasen des Lebens sehr professionell und menschlich. Unsere Küche und unser Essen genießen einen hervorragenden Ruf und werden von unseren Bewohnern und Gästen sehr gelobt. Wir kochen täglich frisch und saisonal und verdanken viel unserem leidenschaftlichen Küchenteam.Was muss sich Ihrer Meinung ändern, damit der Pflegeberuf attraktiver und besser bezahlt wird?
Herr Muth: Was wir in der Pflege mit Blick auf den Fachkräftemangel erleben ist systematische Flickenschusterei. Eine wahrhaftige Professionalisierung und damit verbundene Attraktivitätssteigerung des Berufs wird nicht stattfinden, wenn wir uns gesellschaftlich nicht auf Kriterien verständigen und bereit sind dafür aufzukommen. Wir können uns nicht einerseits die Professionalisierung des Berufsfeldes wünschen und auf der anderen Seite politisch und medial alles dafür tun dieses zu torpedieren. Wer die Zugangsvoraussetzungen für den Beruf immer weiter absenkt und den Eignungstrichter immer weiter öffnet darf sich nicht wundern, wenn dann Menschen in der Pflege arbeiten die unseren Eignungskriterien nicht entsprechen. Auch müssen wir unsere Altersbilder reflektieren und uns fragen ob wir als Wohlstandsstaat damit zufrieden sind welche Umstände unsere alten- und pflegebedürftigen Menschen zum Teil ertragen müssen. Diese finden zum Beispiel nur schwer freie Heimplätze oder ambulante Pflegedienste die noch freie Kapazitäten haben.Wie stehen Sie zu Pflegekräften aus dem Ausland?
Herr Muth: Pflegekräfte aus dem Ausland sind eine mögliche Lösung, aber nur im Rahmen klarer moralischer und ethischer Regeln und wenn die Integration in den deutschen Arbeitsmarkt systematisch und planvoll erfolgt. Langfristig werden wir mit der Migration von Arbeitskräften aber nur einen ganz geringen Teil unseres Fachkräftemangels kompensieren können.Bewohner oder qualifizierte Pflegekräfte – was lässt sich schwerer finden und warum?
Herr Muth: Im Moment ist die Frage klar zu beantworten, es ist deutlich schwieriger Fachkräfte zu bekommen. Der Fachkräftemangel steht uns nicht erst bevor, er hat bereits voll zugeschlagen. Auch bei aktuell steigenden Ausbildungszahlen in der Pflege fehlt es an geeignetem Nachwuchs. Die Politik hat es in den letzten Jahren massiv versäumt dem eskalierenden Fachkräftemangel geeignete Maßnahmen entgegen zu stellen. Die nun geplante Generalisierung der Pflegeberufe wird, entgegen dem Wunsch der Politik, weiter dazu beitragen, dass uns geeignete Hände in der Altenpflege fehlen werden. Wir müssen die Bezahlung in der Pflege deutlich verbessern, dazu ist es nötig die Finanzierung in der Pflegeversicherung neu zu strukturieren, da sonst alle Tarifsteigerungen immer zu Lasten unserer Kunden gehen, was nicht vertretbar ist. Die Pflegeversicherung muss zur echten Teilkaskoversicherung umgebaut werden. Zum Zweiten müssen sich die Arbeitsbedingungen in der Pflege weiter deutlich verbessern, auch dies ist nur durch eine bessere Refinanzierung machbar.Wie stehen Sie zum Begriff „Pflege 4.0“ / Digitale Pflege
Herr Muth: Die Digitalisierung wird all unsere Lebensbereiche berühren und verändern. Sie ist ein wütender Tornado der uns alle mitreißen wird, ob wir wollen oder nicht. Auch die Pflege wird sich dadurch verändern. Unsere Aufgabe ist es die Digitalisierung in der Pflege im Rahmen enger moralischer und ethischer Leitplanken zu definieren und zu prägen. Wir müssen dabei die Vorteile des Fortschritts für uns nutzen wo sie sinnvoll und vertretbar scheinen. Beispielsweise wenn wir damit die Pflegedokumentation vereinfachen können oder die Kommunikation im Rahmen der Pflege schlanker machen können. Auf keinen Fall darf sie menschliche Zuwendung und Beziehung ersetzen.Wie gehen Sie mit Kritik/Lob um?
Herr Muth: Wir erachten jegliche Rückmeldung zu unserer Dienstleistung als dankbare Bereicherung. Die Pflege von Bedürftigen ist geprägt von individuellen und subjektiven Bewertungsmaßstäben, der kommunikativer Austauschprozess über die Erwartungen und Ansprüche jedes Einzelnen ist daher essentiell wichtig. Jeder Austauschprozess ist für uns bedeutsam und konstruktiv. Wir denken dabei nicht starr in den Kategorien „Lob & Kritik“.Vielen Dank für das Interview!
Sie wollen sich vom Königin Paulinenstift selbst überzeugen? Dann lesen Sie sich doch einfach rein: Hier können Sie sich vorab Erfahrungsberichte von Bewohnern und Mitarbeitern ansehen und direkt Kontakt aufnehmen: Königin Paulinestift
Alle Pflege-Anbieter, die auch Lust auf einen werpflegtwie-Besuch und ganz viele interessante Bewertungen bekommen haben, schreiben uns bitte an info@werpflegtwie.de. Wenn Sie wollen sind wir dann auch demnächst bei Ihnen.
Text: Lena Thiem
Bilder: Philip Balonier
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