Best Practice in der Pflege: Anpassung der Arbeitsbelastung älterer Arbeitnehmer

Um als Unternehmen erfolgreich zu sein, muss jedem Arbeitnehmer eine Umgebung geboten werden, in der es sich optimal arbeiten lässt. Nur so kann jeder sein komplettes Potential entfalten und nur so kann ein Unternehmen langfristig erfolgreich wirtschaften. Ältere Mitarbeiter stellen für Firmen dabei keine Bürde dar bzw. sollten das zumindest nicht. Sie sind vielmehr als Träger wertvoller Erfahrungen und nützlichen Wissens zu sehen. Bedenken wir, dass mit Blick auf den demografischen Wandel zunehmend mehr Arbeitnehmer im höheren Alter beruflich aktiv sind, wird ein strukturelles Umdenken auf betrieblicher Ebene umso wichtiger. Es gewinnt, wer das Potential der älteren Arbeitnehmer begreift und ein entsprechendes Wissens- und Arbeitsbefähigungsmanagement zu gestalten versteht.
 
Die Arbeitsbelastung in der Pflege ist höher als in anderen Branchen

Pflegekräfte sind gestresster als Mitarbeiter aus anderen Branchen. Der Zeitdruck ist größer. Zu dem Schluss kamen die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in einer repräsentativen Beschäftigtenbefragung am 07.09.2018. In dieser Befragung ging es um die Arbeitsbedingungen in der Alten- und Krankenpflege. Auf der Homepage von ver.di (Gesundheit und Soziales) werden die Erkenntnisse  genauer aufgeschlüsselt. Hier ein Auszug davon: „So liegt der Anteil der Krankenpflegerinnen und -pfleger, die sich bei der Arbeit oft gehetzt fühlen bei 80 Prozent (Altenpflege: 69 Prozent; alle Berufsgruppen: 55 Prozent). Der Anteil der Beschäftigten in der Krankenpflege, die "häufig Abstriche bei der Qualität ihrer Arbeit machen, um die Arbeitsmenge bewältigen zu können", liegt bei 49 Prozent (Altenpflege: 42 Prozent; alle Berufsgruppen: 22 Prozent). Dass sich unter diesen Bedingungen nur rund ein Fünftel der Beschäftigten vorstellen kann, bis zur Rente so zu arbeiten, liegt auf der Hand - Krankenpflege: 23 Prozent, Altenpflege: 20 Prozent, alle Berufsgruppen: 48 Prozent."

Immer wieder hören wir in den Medien und bekommen es im Arbeitsalltag selbst mit, dass in der Pfleger ein ernster Fachkräftemangel herrscht. Gerade deshalb sollte die Branche so attraktiv wie möglich gemacht werden, sei es für Mitarbeiter, die bereits in der Pflege aktiv sind oder für Neueinsteiger. Stattdessen aber werden die Pflegekräfte regelrecht verschlissen. Auf politischer Ebene ist das Problem seit Langem bekannt. Umso fragwürdiger sind die Maßnahmen, die bisher ergriffen oder veranlasst worden sind. Zu nennen sind hier zum Beispiel die von Bundesgesundheitsminister Spahn vorgelegten Personaluntergrenzen im Krankenhaus. Eine Reaktion, die wenig nach vorne gewandt ist und das Problem auch nicht beim Schopfe packt, sondern lediglich Schadensbegrenzung zu machen scheint.
 
Die Arbeitsbelastung für Pflegekräfte hat sich verdoppelt

Werfen wir noch einen Blick auf die Arbeitsbelastung im Langzeitvergleich am Beispiel von Berlin. Die Arbeitsbelastung für Pflegekräfte in Berliner Krankenhäusern sei in den letzten drei Jahrzehnten erheblich gestiegen. Das teilte die Deutsche Stiftung Patientenschutz mit. Demnach kamen 2016 auf eine Pflegekraft durchschnittlich rund 63 Fälle und damit fast doppelt so viele wie 1991 (rund 32). Auch die Ärzte haben mehr Arbeit zu stemmen. Die durchschnittlichen Fallzahlen pro Arzt sind um sieben Prozent von ca. 98 auf rund 105 gestiegen. Doch worin liegt eigentlich die Wurzel dieses Problems? Die Süddeutsche Zeitung fasste es im Oktober 2017 ganz kompakt zusammen:

„Erklären lässt sich diese Entwicklung mit dem Abbau von Stellen im Gesundheitswesen bei steigenden Fallzahlen. Aus dem Bericht geht hervor, dass in den vergangenen Jahren die Krankenhausfälle in Berlin um 35 Prozent gestiegen sind, von 630 100 in 1991 auf 852 000 im vergangenen Jahr. Während die Zahl der Ärzte ebenfalls um knapp 27 Prozent auf 8100 gestiegen ist, wurden Pflegestellen massiv abgebaut. 1991 waren noch rund 19 700 Pfleger und Pflegerinnen in Berliner Krankenhäusern beschäftigt. Im vergangenen Jahr waren es 13 600.“

Braucht es eine strukturelle Anpassung der Arbeitsbelastung für ältere Mitarbeiter in der Pflege?

Es liegt auf der Hand: Für Entlastung sorgt allein tatkräftige Unterstützung. Es muss mehr Personal her. Denn wie nachhaltig ist ein wirtschaftlicher Gewinn eines Pflegeunternehmens, das sein Plus allein aus Personaleinsparungen bezieht? Wer sich keine Neueinstellung leisten kann, sollte doch zumindest gut für den aktuellen Personalbestand sorgen, damit die Mitarbeiter nicht abspringen. Dazu gehört auch und vor allem eine Anpassung der Arbeitsumgebung und der Arbeitsabläufe für ältere Mitarbeiter. Hier gilt es gekonnt auf die veränderten Bedürfnisse einzugehen, um folgende Dinge herauszufinden: Was ist nötig, damit gute Arbeit geleistet werden kann? Was ist also nötig, damit sich die Arbeitnehmer wohl fühlen und langfristig im Unternehmen bleiben wollen und können?

Andere Arbeit statt weniger Arbeit

Ein Eingehen auf ältere Arbeitnehmer heißt dabei nicht zwangsläufig, dass Arbeitsstunden gestrichen werden müssen. Oft ist es einfach die Art der Arbeit, die überdacht und angepasst werden sollte. Arbeitnehmer, die sich die Zeit nehmen, um diese Aspekte zu beleuchten gewinnen nach hinten heraus. Auf Facebook hatten wir Sie gefragt: „Sollte die Arbeitsbelastung mit zunehmendem Alter im Job verringert werden? Strukturell oder auf Wunsch? Oder ist die Idee generell anmaßend und diskriminierend?“ Sie waren sich einig, dass eine Anpassung der Arbeitsbelastung in jedem Falle möglich sein sollte, ohne dass das Gehalt zwangsläufig gekürzt wird. Hier ist eine gekonnte Kommunikation wie immer der Schlüssel. Es muss also vom Arbeitgeber eine Kommunikationskultur geschaffen werden, die dazu einlädt, dass Missstände herausgestellt und angepackt werden können. Ist eine solche Kultur (noch) nicht bei Ihnen im Pflegeunternehmen gegeben, bedarf es einer guten Portion Mut und kollegialen Zusammenhalts, um für das Wohl der Belegschaft einzutreten und um es nachfolgenden Generationen leichter zu machen sich bei Bedarf selbstbewusst aufzubäumen.

Hier ein kleiner Einblick in den Pflegealltag im Rahmen eines Berufsneustarts mit 50s: 

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(Quelle: Youtube, Kanal: Oberlausitz TV, "Neustart 50+", veröffentlicht am 14.12.2012)

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Vielen Dank für Ihr Feedback auf Facebook


In Vorbereitung auf diesen Blog-Beitrag hatten wir uns bei Facebook umgehört und nach dem Vorgehen Ihres Unternehmens bzw. nach Ihren Wünschen und Erfahrungen gefragt. Vielen Dank für Ihre Rückmeldungen in den Kommentaren! Auch über den Blog-Beitrag hinaus gehen dort die Gespräche dieser Tage weiter. Schauen Sie bei Interesse einfach mal vorbei. Wir freuen uns auf Sie! 
 

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