Die Stufen und Grade der Pflegebedürftigkeit

 

Übersicht: Pflegestufen

 

Pflegestufe Hilfebedarf Zeitaufwand Davon Grundpflege
0 Täglicher Bedarf Weniger als bei Pflegestufe 1 Unter 45 Minuten
1

Tägliche Hilfe für mindestens zwei Punkte aus einem oder mehreren Bereichen der Grundpflege

Zusätzlich mehrmals in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung

90 Minuten pro Tag im Durchschnitt der Woche Mehr als 45 Minuten
2

Dreimal täglich Hilfe bei der Grundpflege zu verschiedenen Tageszeiten

Zusätzlich mehrmals in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung 

Mindestens drei Stunden pro Tag im Durchschnitt der Woche Mindestens zwei Stunden
3 Hilfe bei der Grundpflege täglich rund um die Uhr, auch nachts. Zusätzlich mehrmals in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung Mindestens fünf Stunden pro Tag im Durchschnitt der Woche Mindestens vier Stunden

 

Pflege im Minutentakt – Aus der Tabelle geht hervor, dass sich das derzeitige Begutachtungsverfahren ausschließlich nach dem Zeitaufwand der notwendigen Pflege richtet. Dies soll sich noch im Laufe der aktuellen Wahlperiode, also bis spätestens 2017, ändern. Im Rahmen des zweiten Pflegestärkungsgesetzes wird das veraltete Zeit-Prinzip somit schließlich durch ein differenziertes Punkte-System ersetzt. 

Das Ministerium für Gesundheit schreibt dazu: „Um den Grad der Selbstständigkeit einer Person zu messen, werden Aktivitäten in sechs pflegerelevanten Bereichen untersucht. Das Verfahren berücksichtigt erstmals auch den besonderen Hilfe- und Betreuungsbedarf von Menschen mit kognitiven oder psychischen Einschränkungen. Bei dem neuen Begutachtungsverfahren wird nicht wie bei der bisher geltenden Methode die Zeit gemessen, die zur Pflege der jeweiligen Person durch einen Familienangehörigen oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson benötigt wird, sondern es werden Punkte vergeben, die abbilden, wie weit die Selbstständigkeit einer Person eingeschränkt ist. Anhand der Ergebnisse der Prüfung werden die Pflegebedürftigen in einen der fünf Pflegegrade eingeordnet.“ (Quelle)

Um bereits vor der Etablierung des neuen Verfahrens potentielle Mängel und Grenzen analysieren zu können, startete im Jahr 2014 eine Erprobungsphase. Die hier gewonnenen Erkenntnisse sollen im Anschluss direkt mit in die Gesetzesentwicklung einfließen. Die genannte Erprobung wurde in Form von den zwei folgenden Modellprojekten, koordiniert durch den GKV-Spitzenverband, durchgeführt:

(1) Praktikabilitätsstudie zur Einführung des neuen Begutachtungsassessments (NBA) zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI

(2) Evaluation des NBA - Erfassung von Versorgungsaufwendungen in stationären Einrichtungen


Von Pflegestufen zu Pflegegraden

Finden Sie in das Thema hinein mit Hilfe dieses Videos vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG):



Darüber wollen Sie gern mehr erfahren?

Auf Grundlage des zuvor angekündigten neuen Bewertungssystems, soll eine ebenso neuartige Form der Pflegebedürftigkeitseinstufung erfolgen. In der oben stehenden Tabelle sehen Sie die aktuellen Pflegestufen, aufgeschlüsselt nach den ihr zu Grunde liegenden Bewertungskriterien. Im Zuge des zu verabschiedenden Pflegestärkungsgesetzes II sollen aus den drei (bzw. vier bei Einbeziehung von "0") Pflegestufen künftig fünf sogenannte Pflegegrade werden. Sie erinnern sich: Die Regierung setzte sich hierfür eine „Galgenfrist“ bis 2017. Ziel dieser Neukonzeptionierung ist es, der individuellen Pflegebedürftigkeit (endlich) besser gerecht zu werden. So soll bei der zukünftigen Feststellung der Pflegebedürftigkeit nicht mehr zwischen körperlichen, geistigen und psychischen Beeinträchtigungen unterschieden werden. Vielmehr wird der Grad der Selbständigkeit in den Fokus rücken und letztlich ausschlaggebend dafür sein, ob eine Person „offiziell pflegebedürftig“ ist oder nicht. Im Mittelpunkt steht dann die Frage, was Person x noch alleine kann und wo sie dagegen Unterstützung benötigt?

In den folgenden sechs Bereichen wird künftig die Beeinträchtigung der Selbständigkeit bzw. der Fähigkeiten einer Person beurteilt:

1. Mobilität (Gewichtung: 10 %)
2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (Gewichtung der Punkte 2+3: 15 %)
3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (Gewichtung: s.o.)
4. Selbstversorgung (Gewichtung: 40 %)
5. Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (Gewichtung: 20 %)
6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte (Gewichtung: 15 %)

Von der ermittelten Selbstständigkeit einer Person ausgehend, wird dann das jeweilige Stadium der Einschränkung in fünf Grade eingestuft: Von geringer Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (Pflegegrad 1) bis zur schwersten Beeinträchtigung, die mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung einhergeht (Pflegegrad 5).  - Eine detailierte Aufschlüsselung der gewichteten Beurteilung finden Sie z. B. hier


Umsetzung des Neuen Begutachtungsassessments (NBA) - Überleitung aktueller Leistungsempfänger

Es bleibt die Frage, wie Personen mit einer (bald veralteten) Pflegestufe zu ihrem neuen Pflegegrad kommen? Hierfür ist ein Verfahren zur Überleitung heutiger Leistungsempfänger in das neue System geplant. „Ein mögliches Verfahren, das in diesem Zusammenhang diskutiert wird, ist die Überleitung anhand einer formalen Überführung der heute gültigen Pflegestufen in die Pflegegrade des NBA gemäß der folgenden Festlegung: Alle Versicherten, die zum Zeitpunkt der Umsetzung des NBA Leistungen der Pflegestufe 1 beziehen werden formal in den Pflegegrad 2 übergeleitet; alle Leistungsbezieher der Pflegestufe 2 werden formal in den Pflegegrad 3 übergeleitet; Versicherte, die heute Leistungen der Pflegestufe 3 erhalten, gelangen in den Pflegegrad 4 und alle Härtefälle werden dem Pflegegrad 5 zugewiesen.“ (Pflegegrad 0 entspräche dann der Kategorie „nicht pflegebedürftig“.)

Fraglich ist, ob eine solche formale Überleitung dem Kerngedanken des neuen Bewertungsstils zuträglich ist. Schließlich würde durch diese pauschale Umschreibung der Fälle die Undifferenziertheit nur fortgesetzt. Von staatlicher Seite heißt es allerdings, dass die geplante Übertragung evidenzbasiert und damit haltbar sei: Insgesamt zeigt sich, dass ein großer Teil aller in der Umsetzungsstudie begutachteten Antragsteller, bei denen eine Pflegestufe empfohlen wurde, genau in den Pflegegrad gelangt sind [ist], den auch die […] Überleitungsregel vorsähe.“ Gleichzeitig werden allerdings auch Gruppierungen erwähnt, denen man durch eine schlichte Übertragung in das neue Gradsystem nicht gerecht würde. Hier müssten demnach Sonderregelungen greifen …


Die geplante Umwandlung von den derzeitigen Pflegestufen zu den künftigen Pflegraden:

 Pflegestufe  Umwandlungsprozess  Pflegegrad
 0 >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>  1
 1 >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>  2
 1 + eingeschränkte Alltagskompetenz >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>  3
 2 >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>  3
 2 + eingeschränkte Alltagskompetenz >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>  4
 3 >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>  4
 3 + eingeschränkte Alltagskompetenz >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>  5
 Härtefall >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>  5

Sie sehen, dass eine eingeschränkte Alltagskompetenz automatsich zu einem höheren Pflegegrad führt. Hier geht man also über den Einbezug der körperlichen Beeinträchtigung hinaus und will damit den jeweiligen Lebenssituationen gerechter werden. 
 

Und wie genau komme ich zu meinem Pflegegrad?

Um von Ihrer aktuellen Pflegestufe zu einem entsprechenden Pflegegrad zu kommen, bedarf es keiner neuen Antragstellung und keiner neuen Begutachtung. Die Übertragung von Stufe zu Grad geschieht automatisch und Ihre Pflegekasse wird Sie zu gegebener Zeit informieren. Voraussetzung dafür ist aber, dass Sie eben bereits über eine Pflegestufe verfügen.

Sollte dies nicht der Fall sein, sollten Sie ab 2017 also erstmals eine Einstufung beantragen oder eine neue Begutachtung zwecks Höherstufung wünschen, greifen die modernisierten Vorgehensweisen. Das heißt konkret, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) den oben beschriebenen neuen Begutachtungskatalog nutzt, um Sie in einen Pflegegrad einzustufen. Hierbei spielen Pflegeminuten keine tragende Rolle mehr, sondern der Grad der Selbständigkeit einer Person. „Mit den neuen Pflegegraden wird eine differenziertere Betrachtung und Wiedergabe der individuellen Beeinträchtigungen möglich.“, so das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in seiner Info-Broschüre zum Pflegestärkungsgesetz II. 
 

Faustregel: Pflegestufen orientieren sich am Zeitaufwand. Pflegegrade orientieren sich am Grad der Selbständigkeit.


Dass durch die Umstellung von Pflegestufe auf Pflegegrad Leistungen verringert werden, verneint das BMG. Vielmehr sei mit mehr Leistungen zu rechnen. Jede Person, die bereits Leistungen von der Pflegeversicherung erhält, bekommt diese auch weiterhin im gewohnten Umfang, wenn nicht sogar mehr, so das BMG. Ebenso bleibe der Eigenanteil stabil, der in stationärer Pflege ab Pflegegrad 2 und aufwärts anfällt (siehe untenstehende Grafik).
 

Pflegegrade: Leistungsübersicht 2017
 
  Pflegegrad 1 Pflegegrad 2 Pflegegrad 3 Pflegegrad 4 Pflegegrad 5
Geldleistung ambulant - 316 Euro/ Monat 545 Euro/ Monat 728 Euro/ Monat 901 Euro/ Monat
Sachleistung ambulant - 689 Euro/ Monat 1298 Euro/ Monat 1612 Euro/ Monat 1995 Euro/ Monat
Entlastungsbetrag ambulant (zweckgebunden) 125 Euro/ Monat 125 Euro/ Monat 125 Euro/ Monat 125 Euro/ Monat 125 Euro/ Monat
Leistungsbetrag stationär 125 Euro/ Monat 770 Euro/ Monat 1262 Euro/ Monat 1775 Euro/ Monat 2005 Euro/ Monat
bundesdurchschnittlicher pflegebedingter Eigenanteil - 580 Euro/  Monat 580 Euro/ Monat 580 Euro/ Monat 580 Euro/ Monat

Vertiefende Informationen zu den einzelnen Posten und eine noch detailliertere Leistungsaufschlüsselung finden Sie auf einer weiteren Seite dieses Pflege-Leitfadens: Hier.

 


Was habe ich als pflegender Angehöriger oder ehrenamtlich Pflegender vom Pflegestärkungsgesetz II?

Angehörige, Nachbarn oder einfach gute Freunde von pflegebedürftigen Personen: Sie alle spielen im Pflege-Alltag eine sehr wichtige Rolle. Das Bundesministerium für Gesundheit spricht von ca. 1,9 Millionen Menschen in Deutschland, die in den eigenen vier Wänden versorgt werden. Oft sind hierbei ambulante Pflegedienste involviert aber in zwei Dritteln aller Fälle sind es eben auch die Liebsten, die Tag für Tag die Betreuung übernehmen oder unterstützen. Was also wird für Sie als pflegenden Angehörigen oder für Sie als ehrenamtlich Pflegenden in nächster Zeit getan? Was hält das Pflegestärkungsgesetz II für Sie bereit?

-    Die Pflegekassen stellen Ihnen feste Ansprechpartner zur Seite

-    Ihnen soll ein besserer Zugang zu Pflege-Informationen ermöglicht werden

-    Sie haben Anspruch auf Pflegeberatung

-   Zeitnahe Fragenklärung rund um Versorgung und Betreuung Ihres Angehörigen 

-   Pflegekassen werden dazu verpflichtet, kostenlose Pflegekurse für Sie anzubieten

-   Landesrahmenverträge mit Pflegeberatungsstellen = besseres kommunales Netzwerk für Sie

-    Sie haben Anspruch auf die Entrichtung von Rentenbeiträgen

-    Verbesserter Versicherungsschutz in der Arbeitslosenversicherung für Sie


Detail-Infobox: 

Einen Anspruch auf die Entrichtung von Rentenbeiträgen haben Sie, wenn Sie eine pflegebedürftige Person mit Pflegegrad 2-5 für mindestens zehn Stunden pro Woche zu Hause pflegen. Dabei müssen diese zehn Stunden auf mindestens zwei Wochentage verteilt sein. Die Pflege der Person muss regelmäßig stattfinden, damit Sie die Ansprüche geltend machen können. 
 




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Video: © Bundesministerium für Gesundheit (BMG)/ Youtube: BMGesundheit, Titel: "Praktisch erklärt - Neuerungen in der Pflegeversicherung", veröffentlicht am: 24.11.2015