Länger selbstständig leben - mit Hilfe moderner Technik

Die meisten Menschen wollen ihren Lebensabend in den eigenen vier Wänden verbringen. Unterstützung können nicht nur pflegende Angehörige oder Pflegedienste bieten, sondern auch technische Geräte und Anwendungen. Senioren sind längst keine Technikmuffel mehr, sondern benutzen zunehmend selbstverständlich Smartphones, Tablets und Computer. Zu den Anwendungsmöglichkeiten gehören etwa sensorbasierte Notrufdienste, Assistenz bei der Medikamenteneinnahme oder Serviceroboter. Diese assistiven Systeme werden unter dem Begriff "Ambient Assisted Living" (AAL) zusammengefasst, auf deutsch "Altersgerechte Assistenzsysteme für ein selbstbestimmtes Leben". 

Damit solche Systeme funktionieren können, braucht es eine entsprechende Infrastruktur. Das AAL-Netzerk Saar erprobt, wie sich AAL-Lösungen in die bestehenden Versorgungsstrukturen des saarländischen Sozial- und Gesundheitswesens integrieren lassen. Das Modellprojekt ging 2014 an den Start und verknüpft Hersteller, Ärzte, Pflegedienste und -einrichtungen und viele weitere lokale Akteure. „Gelungenes Ambient Assisted Living ist gesellschaftliches Engagement mit technischen Mitteln und passenden Dienstleistungen", sagt der Saarbrücker Professor Wolfgang Langguth, der das Netzerk gegründet hat.

Kein Ersatz für die Pflege durch den Menschen

Ziel ist es also nicht, die menschliche Zuwendung in der Pflege zu ersetzen. Das betont auch Theo Paul, Generalvikar des Bistums Osnabrück. Er ist einer der Kooperationspartner des "Living Labs", das vor Kurzem in Osnabrück an den Start ging. Die Plattform untersucht, wie sich Wohn- und Lebensbedingungen von älteren oder kranken Menschen verbessern lassen - auch mit Hilfe der Technik. Wie AAL in den Alltag integriert werden kann, zeigt beispielsweise der Gesundheitsdienstleister OTB in Berlin. In einer Musterwohnung kommen verschiedene Produkte zum Einsatz, etwa ein elektrischer Kleiderlift und ein Herd, der sich automatisch abschaltet, wenn niemand in der Küche ist.

Auch wenn die technischen Assistenzlösungen ein riesiges Potenzial haben, gilt es noch eine Reihe von Hürden zu überwinden. So warnte der Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik (VDE) in der Deutschen Ärztezeitung. Ein Problem sei, dass Breitbandinternet noch nicht flächendeckend verfügbar sei und es deshalb zu Verzögerungen bei der Datenübertragung kommen könne. Im Notfall kann das lebensbedrohlich sein. Außerdem seien einzelne Geräten oftmals noch nicht miteinander kompatibel und auch an der Nutzerfreundlichkeit müsse noch gearbeitet werden. Datenschützer weisen außerdem auf die Risiken der Überwachung hin.

Noch nicht ausgereift

Es gibt also noch viel Diskussions- und Entwicklungsbedarf zu diesem Thema. Nachhaltige Impulse für die Branche soll etwa der 2. BMBF-Zukunftskongress Demografie am 29. und 30. Juni in Berlin bringen, der unter dem Motto "Technik zum Menschen bringen" steht und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung initiiert wird. Ein weiterer Termin ist der 8. AAL Kongress, der im Rahmen der Messe „Zukunft Lebensräume“ am 29. und 30. April in Frankfurt stattfindet. Einen Überblick über bestehende Produkte und Anwendungsmöglichkeiten gibt außerdem der Wegweiser Alter und Technik, zu dem auch ein Beratungsangebot an 22 Orten in ganz Deutschland gehört.

Foto: flickr.com/seanhobson, CC-Lizenz BY 2.0

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