Kommt die Impfpflicht für professionell Pflegende auch nach Deutschland?

Kommt die Impfpflicht für professionell Pflegende auch nach Deutschland?
 
 
Ein Blick in die EU-Staaten (und Großbritannien) lässt deutlich werden, dass eine Impfpflicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 in der EU möglich ist. In Deutschland spalten sich die Lager bei der Frage, ob Impfungen zum Schutze vor dem Virus für bestimmte Berufsgruppen verpflichtend werden sollen. Werfen wir einen Blick auf die Situation in ausgewählten europäischen Ländern:
 
Als erster Staat der Europäischen Union führte Italien bereits im April eine Impfpflicht für medizinisches Gesundheitspersonal ein. Auch in Frankreich stehen die Zeichen auf Impfpflicht: “Der französische Präsident Emmanuel Macron hat zuletzt angekündigt, dass sich alle, die im Gesundheitswesen sowie in der Pflege tätig sind, impfen lassen müssen. Weil die Bereitschaft zur Impfung bei den betroffenen 1,5 Millionen [Franzos*innen] laut Umfragen nur bei etwa 55 Prozent liegen soll, soll die Impfpflicht dann ab dem 15. September von den Behörden stichprobenartig kontrolliert werden - wer sich weiter weigert, soll kein Gehalt mehr beziehen und vorläufig suspendiert werden können.”, heißt es in einem Online-Artikel vom 24.7.21 im Kurier, einer überregionalen liberalen österreichische Tageszeitung.  
 
In England wird es ab Oktober ernst. Dort werden Impfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 für professionell Pflegende verpflichtend. Wer als Pflegekraft dann keine zwei Impfungen vorweisen kann oder schlichtweg nicht möchte, dem soll vom Arbeitgeber/ von der Arbeitgeberin eine alternative Stelle, z. B. im Büro statt am Menschen, vorgeschlagen werden. Hier zeichnet sich bereits ein grundlegendes Problem ab: Vor allem kleine Unternehmen werden dabei schnell an ihre Grenzen stoßen. Pflegepersonal ist schon jetzt knapp und alternative Stellen im gleichen Unternehmen sind mitunter stark begrenzt. – Wie Schottland, Wales und Nordirland hinsichtlich einer Impfpflicht für Pflegekräfte verfahren werden, steht noch nicht fest.
 
In Griechenland ist bereits seit Mitte Juli eine Impfpflicht für Pflegepersonal in Kraft. Noch dazu zeichnet sich ab, dass diese Pflicht ab September auf alle Akteur*innen der Gesundheitsbranche ausgeweitet werden soll. Auch in Ungarn ist eine Impfpflicht für Beschäftigte des Pflegesektors im Gespräch. Klare Beschlüsse hierzu stehen allerdings noch aus.
 
Und in Deutschland? – Hier spalten sich die Geister. Die Süddeutsche Zeitung hat am 26.07.2021 in Artikelform festgehalten, welche Politiker*innen sich für eine Impfpflicht aussprechen und wer sich dagegen positioniert. Den Artikel finden Sie hier. Theoretisch gesehen, wäre es möglich eine indirekte Impfpflicht in Pflegeunternehmen zu etablieren bzw. ungeimpfte Arbeitnehmer*innen  mehr oder weniger ins Aus zu manövrieren. Zumindest wurde dafür die Basis im Infektionsschutzgesetz geschaffen, als die Bundesregierung Paragraph 23a ergänzte:
 
„Soweit es zur Erfüllung von Verpflichtungen aus § 23 Absatz 3 in Bezug auf übertragbare Krankheiten erforderlich ist, darf der Arbeitgeber personenbezogene Daten eines Beschäftigten über dessen Impf- und Serostatus [=die An- oder Abwesenheit spezifischer Antikörper im Patientenserum] verarbeiten, um über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder über die Art und Weise einer Beschäftigung zu entscheiden. Dies gilt nicht in Bezug auf übertragbare Krankheiten, die im Rahmen einer leitliniengerechten Behandlung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr übertragen werden können. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des allgemeinen Datenschutzrechts.“
 
In einem Artikel von pflegen-online.de vom 09.07.2021 hieß es resümierend dazu: „Die in dem Gesetz vorkommende Formulierung „über Art und Weise einer Beschäftigung zu entscheiden“ bedeute immerhin auch, dass es fraglich sei, „ob“ jemand überhaupt weiter beschäftigt werden könne. Insbesondere dann, wenn keine passenden freien Stellen für ungeimpfte Mitarbeiter vorhanden seien, auf die der Arbeitgeber sie versetzen könne. Oder wenn der damit verbundene organisatorische beziehungsweise finanzielle Aufwand für den Arbeitgeber zu hoch sei. Das Gesetz wurde vor einem Jahr beschlossen und im Juni für weitere drei Monate verlängert. Es gilt also mindestens noch bis Ende September.“
 
Nicht zuletzt spielt das Direktionsrecht/Weisungsrecht des Arbeitgebers eine wichtige Rolle. Demnach ist das arbeitgebende Unternehmen für den Gesundheitsschutz in der Firma verantwortlich. Dies würde das Abziehen ungeimpfter Beschäftigter von sensiblen Stationen aus Gründen des Gesundheitsschutzes legitimieren. Kommen Arbeitgeber*innen ihren Pflichten nicht nach, riskieren sie unter anderem Organisationsverschulden. Was dies in Bezug auf Covid-19 bedeuten kann, hat das Team von pflegen-online.de kompakt für Sie zusammengefasst:
 
„Hinzu kommt eine sich aus § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ableitende Schadenersatzpflicht für fahrlässige Körperverletzung: Geschäftsführungen haften für Gesundheitsschäden („Organisationsverschulden“), die ihre Mitarbeiter fahrlässig verursachen. „Arbeitgeber, die ungeimpfte und dadurch ungeeignete Mitarbeiter mit Patienten Kontakt haben lassen, erfüllen die Kriterien des Selektionsverschuldens“, warnt der Oldenburger Intensivpflegeanbieter. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis ein Angehöriger eines infizierten ambulanten Pflegepatienten den Pflegedienst verklage.“
 
 
Mehr zu diesem Thema erfahren Sie hier:
 
https://www.pflegen-online.de/corona-druck-auf-ungeimpfte-pflegekraefte-steig
 
https://www.google.de/amp/s/amp.zdf.de/nachrichten/panorama/corona-impfung-impfpflicht-bereitschaft-ungeimpfte-100.html
 
https://m.faz.net/aktuell/gesellschaft/meinungen-aus-frankfurt-zur-impfpflicht-17455232.html 


Wie immer interessiert uns auch Ihre Meinung dazu. Wir laden Sie herzlich ein mit uns in den Dialog zu treten, z. B. in unserer Facebookgruppe: werpflegtwie - Die Gruppe für alle Pfleger*innen oder via E-Mail an: hallo@werpflegtwie.de 

 

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