Die goldene Pille gegen Angst: Kommunikation


Man kann über unsere Versicherungssysteme, öffentliche wie private, vieles sagen. Zum Beispiel, dass ein Großteil der Aufmerksamkeiten und Gelder nicht unbedingt dem Versicherten zukommt. Mal verschwinden große Summen im Schlund der Bürokratie, mal werden sie in die Party des Jahres investiert. Kurz: Es gibt ehrenwertere Branchen. Dennoch: Aus den Sorgen und Ängsten der Menschen ein überdimensionales Geschäft zu machen, ist nur die logische Konsequenz unseres marktwirtschaftlichen Systems und daher schwer im Einzelnen zu kritisieren, ohne direkt unsere gesamte Weltordnung an die Wand zu reden. Aber wer verstehen will, muss Abstand nehmen können. Das haben wir getan und diese aktuelle Infografik einmal aus der Ferne angeschaut:



Abbildung: ERGO Versicherungsgruppe AG, Pressemitteilung vom 29.09.2015


Eine kleine Analyse der oben stehenden Grafik

Wie sich unschwer erkennen lässt, stellt die abgebildete Grafik den Nährboden des Erfolgs aller Versicherer dar: Sich sorgende Menschen im besten Alter: Von den 2.012 Befragten zwischen 18 und 65 Jahren haben 66% der Männer und 73% der Frauen Sorge, dass ein naher Angehöriger pflegebedürftig werden könnte. Weniger panisch aber immernoch stattlich sind die Prozentwerte, wenn es um das eigene Wohl geht: So befürchten 56% der Männer und 62% der Frauen, dass sie selbst durch eine schwere Krankheit pflegebedürftig werden. - Die Infografik stammt aus der aktuellen Pflegestudie der Deutschen Krankenversicherung (DKV), ihres Zeichens einer der größten Anbieter privater Krankenversicherungen und Teil der ERGO-Versicherungsgruppe.

Diesen Zahlen stehen folgende Daten gegenüber: Tatsächlich pflegebedürftig sind in Deutschland mittlerweile um die 2,6 Millionen Menschen. Das entspricht bei einer ungefähren Einwohnerzahl von 81 Millionen Menschen "nur" rund 3,2%. Laut Prognosen steigt diese Zahl bis zum Jahr 2030 auf geschätzte 3,4 Millionen Pflegebedürftige, also ca, 4,2%. Aber auch dieser dann erhöhte Wert liegt deutlich unter dem "Angstwert" der Männer und Frauen hinsichtlich der eigenen Pflegebedürftigkeit. (Memo: Dieser lag laut Grafik bei 56% bzw. 62%.) - Die offiziellen Prognosen können Sie auch nochmal hier nachlesen. Bei Interesse zu diesem Thema, wird Sie auch diese Seite interessieren.- Angemerkt werden soll allerdings Folgendes: Menschen, auch wenn sie nicht pflegebedürftig im Sinne des SGB sind, werden zunehmend mit diesem Thema konfrontiert. So zum Beispiel im engen oder erweiterten Familien- und Freundeskreis. Hinzu kommt: Auch, wer über keine Pflegestufe verfügt, benötigt (im Alter) tendenziell die Unterstützung und ggf. informelle Pflege durch Dritte. So lässt sich behaupten, dass rund jeder zweite Deutsche früher oder später der Pflege bedarf. Zentral bleibt folgende Frage: Wie lässt sich die große Sorge lösen, die mit der eigenen Pflegebedürftigkeit verbunden wird?

Zunächst einmal: Lassen Sie sich nicht irre machen

„Versichern heißt verstehen“, sagt ERGO immer. Witzige Marketing Abteilung. Verstanden hat man hier vor allem, dass die Sorge der Menschen umso größer ist, desto kleiner das Wissen ist. Noch witziger wird es dann, wenn ein privater Versicherer ein privates Marktforschungsinstitut (in diesem Falle: das Marktforschungsinstitut „Heute und Morgen“) damit beauftragt, Dinge herauszufinden, die der Auftraggeber längst weiß. Zum Beispiel, dass Sie große Angst davor haben, pflegebedürftig zu werden. Warum machen die das? Klar, es sollen im gleichen Atemzuge Lösungen verkauft werden. Sie werden angehalten, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und folglich entsprechende Leistungen zur Abwehr der "drohenden Gefahren" zu kaufen.  

„Nanu?“, könnte man denken. Damit wächst doch das Wissen der Kunden. Möglicher Weise sinkt durch die aktive Auseinandersetzung mit sich selbst sogar die aufgebauschte Angst vor dem eigenen Alter? An sich können wir diesen Ansatz nur unterstützen. Auch, wenn dieser Appell hier wohl klar auf den Verkauf eigener Versicherungsprodukte abzielt. Sei es drum. Einmal abgesehen von diesem Hintergedanken wird eines offensichtlich: Sie haben wirklich große Angst.

Daher möchten wir an dieser Stelle folgenden Impuls geben:

Es liegt in großem Maße in der Verantwortung der Pflegeanbieter, das Informationsvakuum bezüglich Pflegebedürftigkeit zu füllen. Noch kommen einem v. a. Skandalmeldungen in den Kopf, wenn das Thema Pflege angesprochen wird, nicht wahr? Tatsächlich aber überwiegt gute Pflege in diesem Land. Doch berichtet wird eher von den schwarzen Schafen. Logisch ist es daher, dass das allgemeine Bild der Pflege recht düster gezeichnet wird. Nachvollziehbar ist damit auch die offensichtlich große Sorge, sich später ggf. selbst in die Hand der Pflegebranche begeben zu müssen. Diese Angst lässt sich lösen.

So  wenden wir uns hiermit an die Pflegeanbieter. Ihnen möchten wir folgenden Anreiz geben: Nutzen Sie das Potential Ihrer Kommunikationswege. Wir bieten Ihnen mit unserer Bewertungsplattform werpflegtwie z. B. die Möglichkeit, einen offenen Dialog mit den Personen zu starten. Einen Dialog mit denjenigen, die sich mit dem Thema Pflegebedürftigkeit auseinander setzen bzw. bereits einige Erfahrungen gesammelt haben. Sie können z. B. darüber berichten, welche Ihrer Konzepte besonders gut funktionieren und warum. Sie können Lösungen aufzeigen für die Probleme, die täglich von allen Seiten an uns getragen werden. Sie sind "die Praxis" und besitzen daher eine bedeutende Schlüsselrolle. Bleiben Sie mit Hilfe unseres Bewertungsportals außerdem im Bilde über Lob und Kritik an Ihrer Arbeit. Worin bestehen Ihre Stärken? Welche Aspekte können Sie noch weiterentwickeln? Die Nutzerinnen und Nutzer unseres Online-Dienstes geben Ihnen diese Ratschläge mit auf den Weg und helfen damit letzlich auch Dritten, die ebenfalls auf der Suche nach gehaltvollen Inhalten zum Thema Pflege sind.

Entstehen soll ein realistisches Bild von Pflegebedürftigkeit und den enstprechenden Angeboten. Deutlich werden wird, wie dynamisch dieses Thema und wie groß der Einfluss jedes Einzelnen ist. Die eigene (mögliche) Pflegebedürftigkeit wird handhabbar. Sie wird ein eigenverantwortlicher Gestaltungsprozess, idealer Weise stets fachgestützt, und verliert damit mehr und mehr an Schrecken.

 

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Die Stufen der Pflegebedürftigkeit

Übersicht: Erstattungen für Pflege

Das Prinzip der Pflegeversicherung

 

Titelfoto: Flickr/Patrik Nygren (CC-Lizenz BY-SA 2.0)

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