Zeit für Neues: Das ändert sich 2016/2017 in der Pflege

Das Jahr ist noch nicht mal zur Hälfte rum und doch schon reich an Entwicklungen. Zum Jahreswechsel hin hatte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) volle Schreibtische und gut zu tun. Es galt, vieles auf den Weg zu bringen: Nachdem bereits im Juli 2015 das Versorgungsstärkungsgesetz und das Präventionsgesetz Geltung erlangen, stehen nun seit 01.01.2016 vielen weiteren Gesetzen die Türen offen.  Gemeint sind hier die Krankenhausreform und das E-Health-Gesetz sowie einige mehr.

Doch was genau ändert sich 2016/2017 in der Pflege? Werpflegtwie hat einmal den Blick auf die Gesetze gerichtet, die hier besonders relevant sind. Das ist zum einen das Pflegestärkungsgesetz II und zum anderen das Hospiz- und Palliativgesetz. Beiden gelten seit Januar 2016, das Pflegestärkungsgesetz II wirkt allerdings erst zum Januar 2017.


Pflegestärkungsgesetz II

Neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff
Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff wird gestützt von einem neuen Begutachtungsverfahren. Dieses soll sowohl den Pflegebedürftigen, als auch den Pflegenden und Angehörigen gerechter werden. Tatsächlicher Unterstützungsbedarf und individuelle Ressourcen sollen zuverlässig erhoben werden, damit möglichst früh deutlich wird, in welchem Maße Unterstützung gebraucht wird. Unabhängig von dem Vorliegen einer Demenz steht im Mittelpunkt, wie gut eine Person im Alltag noch zurechtkommt. Danach richtet sich dann schließlich die Höhe der gezahlten Leistungen.



Pflegegrade ersetzen Pflegestufen
Künftig wird es statt der Pflegestufen (0), 1, 2 und 3 die neuen fünf Pflegegrade geben. In welchen Pflegegrad eine Person eingestuft wird, entscheidet das Maß der Selbständigkeit. Dieses wird mit Hilfe einer Begutachtung in den folgenden sechs Bereichen ermittelt: (1) Mobilität, (2) kognitive und kommunikative Fähigkeiten, (3) Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, (4) Selbstversorgung, (5) Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen sowie (6) Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte. Durch eine unterschiedliche Gewichtung dieser sechs Bereiche, soll am Ende eine möglichst genaue Gesamtbewertung stehen.

Besserer Zugang zu Reha-Maßnahmen
Es gilt der Grundsatz „Reha vor Pflege“ – Hintergrundgedanke ist, dass Pflegebedürftigkeit länger hinaus gezögert (oder gar verhindert) werden kann, wenn frühzeitig Reha-Maßnahmen in Anspruch genommen werden. Informationen und Empfehlungen erhalten Sie vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen.
 
Mehr Betreuungsangebote
Ab 2017 soll jeder Versicherte einen Anspruch auf zusätzliche Betreuungsangebote haben. Dieser Anspruch bezieht sich auf voll- und teilstationäre Einrichtungen (Pflegeheime, Tagespflege-Einrichtungen, Tageskliniken, Reha-Kliniken).  Die entsprechenden Institutionen haben hierfür notwendige Absprachen mit den Pflegekassen zu tätigen und ggf. mehr Personal einstellen, um der Nachfrage gerecht zu werden.

Stärkung pflegender Angehöriger
Das neue Gesetz sieht vor, pflegende Angehörige in der Renten- und Arbeitslosenversicherung besser abzusichern. Konkret sieht das dann wie folgt aus: Für Pflegepersonen, die eine Person mit einem Pflegegrad 2-5 pflegen, zahlt die Pflegeversicherung künftig Rentenbeiträge. Voraussetzung ist, dass mindestens 10 Stunden wöchentlich gepflegt wird, verteilt auf mindestens 2 Tage. Personen, die jemanden mit Pflegegrad 5 selbst pflegen, erhalten dann bis zu 25% mehr Rentenbeiträge. Auf Seiten der Arbeitslosenversicherung ändert sich auch etwas: Für Personen, die aufgrund einer häuslichen Pflegesituation den Job aufgeben (müssen), werden die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt. Diese übernimmt dann die Pflegeversicherung. Auf diese Weise haben die Pflegepersonen u. a. Anspruch auf Arbeitslosengeld.  



Individuelle und verbesserte Pflegeberatung
Die Pflegekassen sind künftig dazu verpflichtet, kostenlose Pflegekurse für pflegende Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen anzubieten. Dabei soll durch verbindliche Landesrahmenverträge die Beraterqualität und Zusammenarbeit unterschiedlicher Pflegeberatungsstellen verbessert werden. Außerdem haben Sie ggü. Ihrer Pflegeversicherung künftig den Anspruch, auf professionelle Pflegeberatung. Diese wird übernommen von dafür geschulten Pflegeberatern. Sie helfen Ihnen bei der Ermittlung Ihres Pflegebedarfs, bei der Auswahl der Leistungen und erarbeiten auf Wunsch gemeinsam mit Ihnen einen Versorgungsplan.
 
Weniger Bürokratie
Verringert werden sollen mit diesem Gesetz auch der Verwaltungsaufwand und die bürokratische Belastung der Versicherten/ Pflegebedürftigen. Bsp: Um in einen Pflegegrad eingeteilt zu werden, entfällt in Zukunft die aufwändige Antragsarbeit. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen kommt automatisch auf die Betroffenen zu, dem kann widersprochen werden.
 
Mehr Qualität in der Pflege
Berufen wird ein Qualitätsausschuss, der die Strukturen des bisherigen Pflege-TÜVs grundlegend überarbeiten soll.  Als neues Verhandlungs- und Entscheidungsgremium fällt diesem Ausschuss die Aufgabe zu, ein neues Verfahren für die Qualitätsprüfung zu erarbeiten. An Bedeutung gewinnen in diesem Zusammenhang neue Wohnformen, wie z. B. ambulant betreute Wohngruppen. Auf Grundlage eines neuen Personalbemessungssystems sollen außerdem die Bedarfe an Pflegepersonal pro Einrichtung/ Institution ermittelt werden. Verantwortung tragen die Verantwortlichen auf  Landesebene und vor Ort im Pflegeheim. Dieses System zu entwickeln und zu erproben, ist gesetzliche Anordnung.  
 

Hospiz- und Palliativgesetz


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Individuelle Beratung und Hilfestellung
Auch hinsichtlich der Hospiz- und Palliativversorgung haben Sie mit Wirkung des neuen Gesetzes Anspruch auf individuelle Beratung und Unterstützung durch die Krankenkasse. Diese übernimmt hier v. a. eine Vermittlerrolle, zeigt Ihnen schriftlich auf, welche Angebote sich in Ihrer Nähe befinden und hilft Ihnen bei der Kontaktaufnahme. Es greift hier ineinander die Arbeit unterschiedlicher Stellen: Hospizvereine, Pflegeberatungsstellen, Palliativärzte etc.

Sterbebegleitung: Teil des Versorgungsauftrages der sozialen Pflegeversicherung/ Erstattungen und Bezuschussungen
Bürgerschaftlichen Engagement im Bereich hospizlicher Sterbebegleitung wird bald stärker gefördert durch höhere Zuschüsse (nicht nur Erstattung der Personalkosten, sondern auch der Sachkosten, wie z. B. Fahrtkosten der Ehrenamtlichen). Außerdem sollen die stationären Hospize finanziell besser ausgestattet werden. Im Fokus stehen höhere Tagessätze je betreutem Versicherten und eine Übernahme von bis zu 95 % der zuschussfähigen Kosten durch die Krankenkassen. Ebenso wird ein angemessenes Verhältnis von Haupt- und Ehrenamtlichen angepeilt. Verstärkte Beachtung finden soll auch die Hospizarbeit in Pflegeheimen.

Ausbau ländlicher Strukturen: ambulante Palliativversorgung
Gefördert werden sollen die Dienste der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung  -kurz: SAPV-. Die SAPV-Teams spielen in ländlichen bzw. strukturschwächeren Regionen eine große Rolle, da sie die pflegerische Versorgung in Palliativsituationen sicherstellen. Ihnen wird daher künftig mehr Beachtung zukommen: Dem Bundesausschuss kommt die Aufgabe zu, die Leistungen der Palliativpflege in seiner Richtlinie über die Verordnung ambulanter Krankenpflege zu konkretisieren. 



Bessere Palliativversorgung in stationären Einrichtungen (Krankenhaus/ Pflegeheim)
Krankenhäuser können in Zukunft Sterbebegleitungsdienste auch innerhalb ihrer Einrichtungen beauftragen. Sterbebegleitung wird mit Wirken des Gesetzes zu einem festen Bestandteil des Versorgungsauftrags der sozialen Pflegeversicherung. Sowohl Kooperationsverträge zwischen der Pflege-Einrichtung und den (Fach-)Ärzten werden ein Muss, als auch das Informieren online hinsichtlich der Kooperationen zwischen Einrichtung  und Palliativ-Netzwerk. Der Ausbau des Beratungsangebots rund um die letzte Lebensphase durch die stationäre Pflegeeinrichtung wird von den Krankenkassen finanziert. Ziel ist es, Ängste abzubauen und die Bewohner/Patienten kompetent zu begleiten. 

Vertiefende Informationen finden Sie auf den Seiten des Bundesministeriums für Gesundheit: Hier

Hier können Sie weiter stöbern:


Pflegestützpunkte und Beschwerdestellen

Pflegende Angehörige: Die Kosten im Blick

Beratung und Information zur Pflege

Titelfoto: Flickr/ Evil Erin (CC-Lizenz BY 2.0)
Foto 2: Flickr/ senscience (CC-Lizenz BY-SA 2.0)
Restliche Fotos: Fotolia
Text: Carolin Makus

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